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Tarif: Fünf Argumente für den Erhalt der Tarifautonomie

1. Behauptung/Unterstellung:

Die Einschränkung der Tarifautonomie fördert Wirtschaftswachstum und schafft Arbeitsplätze

Richtig ist:

Das deutsche Tarifsystem hat entscheidenden Anteil an den Produktivitätsfortschritten und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Deutschland ist Exportnation Nr. 1 und als Wirtschaftsstandort gefragt.

Tarifautonomie und Flächentarifverträge schaffen einheitliche Wettbewerbsvoraussetzungen für alle Unternehmen der Branche und dämmen Unterbietungskonkurrenz ein. Der Wettbewerb der Unternehmen muß sich auch deshalb auf die Felder Innovation, Produktivität, Qualität, Service und kundenspezifische Lösungen usw. beziehen. Dies fördert die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.

Abgesenkte Löhne und Gehälter und verlängerte Arbeitzeiten bringen keine neuen Arbeitsplätze. Im Gegenteil: volkswirtschaftlich betrachtet, würde dadurch die Nachfrage gesenkt und die notwendige Arbeitsumverteilung behindert. Tarifautonomie und Flächentarifverträge dienen dem Erhalt der Arbeitplätze.

2. Behauptung/Unterstellung:

Mit der Einschränkung der Tarifautonomie werden die Betriebsparteien gestärkt

Richtig ist:

Als es bei der Novellierung der Betriebsverfassung um mehr Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte ging, haben sich die Gleichen, die jetzt die Einschränkung der Tarifautonomie fordern, mit allen Mitteln einer Ausweitung widersetzt. Gesagt wird "betriebsnah", gemeint ist aber "gewerkschaftsfrei".

Die Betriebsräte brauchen jedoch einen verbindlichen und verlässlichen Rahmen für ihre Politik. Ohne Flächentarifverträge, die einen solchen Rahmen bieten, wären sie dem Erpressungsdruck der Unternehmen ausgeliefert. Deshalb beurteilen auch 80 v.H. der Betriebsräte eine entsprechende weitere Dezentralisierung laut der WSI-Betriebsrätebefragung von 2002 als "generell problematisch" oder "zwiespältig".

3. Behauptung/Unterstellung:

Die Tarifvertragssystem ist (zu) starr und unflexibel

Richtig ist:

Die Tariflandschaft im Organisationsbereich der IG Metall weist allein schon deshalb viele unterschiedliche Flächentarifverträge mit verschiedenen Standards auf, weil die IG Metall eine Multi-Branchen-Gewerkschaft ist. Der behaupteten Starrheit des Tarifsystems steht also nicht nur die tatsächliche Flexibilität der einzelnen Tarifwerke gegenüber, sondern auch die Vielzahl der unterschiedlichen Tarifabschlüsse zum Beispiel innerhalb eines Kalenderjahres. Die IG Metall hat im Jahr 2002 allein 476 Verbandstarifverträge neu abgeschlossen oder ergänzt, hinzu kamen 347 Firmantarifverträge. Hier von einem starren Korsett zu sprechen, entbehrt jeder Grundlage. Auch die Spanne bei den erzielten Einkommenssteigerungen zeigt, dass die Bedingungen der jeweiligen Branchen in den Vereinbarungen berücksichtigt wurden.

Ferner enthalten unsere Tarifverträge bereits heute Bestimmungen, wonach die Tarifvertragsparteien zum Zwecke der Beschäftigungssicherung von den vereinbarten Tarifregelungen abweichen können. An der mangelnden Bereitschaft der IG Metall, diesen Weg zu gehen, ist noch kein Unternehmen zugrundegegangen. Dies belegen zahlreiche Fallbeispiele.

Die IG Metall ist zudem bereit, die Tarifverträge inhaltlich weiterzuentwickeln. Mit den jüngsten Vereinbarungen zum Beispiel von tariflichen Qualifizierungsregelungen und gemeinsamen Entgeltrahmentarifverträgen hat sie diese Bereitschaft erneut unter Beweis gestellt.

4. Behauptung/Unterstellung:

Individuelle Vereinbarungen sollen günstiger sein als Tarifverträge, wenn der Betriebsrat oder die Belegschaft zustimmt.

Richtig ist:

Wenn der Arbeitgeber mit Kündigung droht, ist der einzelne Arbeitnehmer erpressbar. Die Zustimmung des Betriebrats oder der Belegschaft ändert daran gar nichts. Der einzelne zieht immer den Kürzeren. Deshalb ist der Schutz der Tarifverträge gerade dann wichtig, wenn es im Betrieb kriselt. Wenn es tatsächlich eng wird, kümmert sich die Gewerkschaft gemeinsam mit dem Betriebsrat um die Sicherheit der Arbeitsplätze. Als Tarifvertragspartei ist sie dafür verantwortlich, ob ein Betrieb vorübergehend vom Tarifvertrag abweichen darf. Dafür gibt es zum Beispiel in der Metallindustrie Beschäftigungssicherungs-Tarifverträge, in anderen Bereichen Härtefallklauseln. Wenn es nach CDU/CSU und FDP geht, verliert der Einzelne diesen Schutz. Jeder Arbeitnehmer soll seines eignen Glückes Schmied werden. Damit sind die Arbeitnehmer noch nie gut gefahren. Sie werden zum Spielball der Unternehmerinteressen.

5. Behauptung/Unterstellung:

Die Aufweichung von Tarifverträgen ist gut für unser Land

Richtig ist:

Die Gesetzesvorschläge verschlechtern die Lage der Menschen. Sie vergreifen sich am Grundgesetz.

Tarifverträge regeln Arbeitszeit, Entgelte, Urlaub, Weiterbildung und weiteres. Diese Aufgabe überträgt das Grundgesetz den Tarifparteien ("Tarifautonomie"). Denn Michael Schumacher kann sich vielleicht gegenüber seinem Brötchengeber durchsetzen, Claudia Schneider aber nicht gegenüber dem mächtigen Arbeitgeber behaupten. Die Beschäftigten brauchen den Schutz der Tarifverträge. Damit sie nicht nur bei "schönem Wetter" gelten, müssen sie verbindlich sein.

Durchlöcherung der Tarifverträge ist ein Angriff auf die Tarifautonomie und den Sozialstaat. Tarifautonomie und Sozialstaat sind Grundpfeiler unserer Demokratie. Die Menschen sollen und dürfen nicht zum Spielball von Marktkräften werden. Demokratie heißt Beteiligung und Gerechtigkeit auch im Arbeitsleben.

Wer an den Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften vorbei in Tarifverträge eingreift, z.B. um Löhne zu senken oder die Arbeitszeit zu verlängern, stellt fundamentale Grundsätze unserer Verfassung in Frage.