Das erste Halbjahr 2024 war so politisch wie selten zuvor. Als IG Metall-Mitbestimmungsakteure der Stahlindustrie sind wir im ständigen Austausch mit allen demokratischen Parteien. Das ist gut und bleibt auch zukünftig ein Schwerpunkt. Warum?
Die Stahlindustrie in Deutschland steht aktuell nicht nur unter Druck, sie steht am Scheideweg. Neben den konjunkturellen Herausforderungen sind wir mit nicht wettbewerbsfähigen Energiepreisen im internationalen Vergleich konfrontiert. Eine schleichende Deindustrialisierung ist im Gange. Europa ist die einzige Weltregion mit einer schrumpfenden Stahlindustrie. Wir erleben steigenden Importdruck aus Ländern mit Überkapazitäten, steigende CO2-Kosten und unfaire Handelspraktiken. Das alles führt zu dramatischen Wettbewerbsnachteilen.
Es braucht jetzt konkrete Maßnahmen, um dagegenzuwirken. Der Schutz der deutschen & europäischen Industrie vor steigenden Billigimporten aus Staaten mit Überkapazitäten muss von der neuen EU-Kommission schnell in Angriff genommen werden. Daher begrüßen wir den Vorstoß der EVP & Dennis Radtke nach einem „Europäischen Stahlpakt“. Dankbar sind wir ebenso für die Unterstützung der SPD auf Stadt-, Landes- und Bundesebene in den letzten Wochen und Monaten. Auch die Grünen sind nah dran an der Stahlindustrie, zuletzt erlebt auf dem NRW-Parteitag.
Ein spannendes 2. Halbjahr 2024 steht bevor. Wir bei der thyssenkrupp Steel Europe AG werden uns mit einer Neuordnung inkl. angekündigter Kapazitätsreduzierung und Restrukturierung auseinandersetzen müssen. Der 20%-Einstieg des Investors EPCG soll ggf. erweitert werden. Das sind unsere Hausaufgaben.
Politisch werden wir uns dafür einsetzen, dass Stahl in Deutschland und Europa eine grüne Zukunft hat. Wir benötigen eine konkrete Industriestrategie in Deutschland, die auch die klimaneutrale Transformation beinhaltet. Und unsere Konjunktur benötigt einen starken Impuls – diese Hausaufgaben müssen überparteilich gelöst werden. Lasst uns weiter darüber im Austausch bleiben, aber viel wichtiger: mutig und beherzt umsetzen!
Tekin Nasikkol
