Grüner Stahl aus Duisburg – Scheitert die Transformation am größten Stahlstandort in Europa wegen fehlender Unterstützung der Bundespolitik?
Sehr geehrter Herr Minister Habeck,
bei thyssenkrupp Steel haben wir uns mit der Belegschaft auf den Weg gemacht, um zukünftig klimaneutral grünen Stahl am größten Stahlstandort Europas zu produzieren. Wir stehen zu dieser Transformation, die große Herausforderungen für das Unternehmen und die Belegschaft mit sich bringt.
Aktuell haben wir die große Sorge, dass wir in Duisburg nicht in die „grüne Produktion“ einsteigen und diese „grüne Zukunft“ nicht erreichen, sondern aus der Stahlproduktion aussteigen müssen – mit der Konsequenz, dass 27.000 Arbeitsplätze bei thyssenkrupp Steel vernichtet werden.
Im August 2022 hat der Vorstand der thyssenkrupp AG die Investitionsentscheidung für die erste Direktreduktionsanlage im Stahlbereich am Standort Duisburg getroffen. Grundlage für diese Entscheidung waren die signifikanten Förderzusagen von Land und Bund, sowie das klare Bekenntnis zu Dekarbonisierung der deutschen Stahlindustrie.
Im März hat der Vorstand den Bau der DRI-Anlage – trotz einer zwischenzeitlich erfolgten Kürzung der Förderung des Bundes – beauftragt. Das Land NRW hat mehrmals bestätigt, dass es seinen Anteil der Fördersumme in gleichbleibender Höhe tragen wird. Eine weitere Kürzung der Förderung des Bundes würde eine klare Benachteiligung von thyssenkrupp bedeuten und wäre wirtschaftlich nicht mehr darstellbar.
Die Vorsitzenden des Aufsichtsrates der thyssenkrupp AG haben sich Mitte April mit einem eindringlichen Appell an Sie gewandt.
Aktuell gibt es immer noch keinen Förderbescheid – und in Gesprächen zwischen thyssenkrupp und Ihrem Haus wird deutlich, dass es massive Widerstände in Brüssel und / oder Berlin gibt, die zugesagte Fördersumme zu bewilligen.
Im Aufsichtsrat der thyssenkrupp AG würde eine weitere Kürzung der Förderung eine massive Diskussion über eine Rücknahme der Investitionsentscheidung auslösen. Nur mit Mühe ist es gelungen, die Entscheidung um einen Monat auf den 23. Juni zu schieben.
Sie haben sich im letzten Jahr vor Ort über unsere Planungen informiert und uns Ihre Unterstützung versichert.
Sehr geehrter Minister Habeck,
wir fordern Sie eindringlich auf: Stehen Sie zu unserer Transformation am größten Stahlstandort Europas, stehen Sie zu den Beschäftigten bei thyssenkrupp Steel und bewilligen Sie die Fördersumme wie zugesagt.
Wir laden Sie herzlich für Mittwoch, den 14. Juni, nach Duisburg ein. An diesem Tag wird die Belegschaft ein klares Zeichen vor den Werkstoren setzen, dass wir zur Transformation bereit sind – diese aber ohne massive Unterstützung von Land und Bund nicht gelingen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Die Arbeitnehmervertreter der thyssenkrupp AG und der thyssenkrupp Steel Europe AG
Jürgen Kerner, Stellv. Aufsichtsratsvorsitzender der thyssenkrupp AG
Dirk Sievers, Konzernbetriebsratsvorsitzender der thyssenkrupp AG
Detlef Wetzel, Stellv. Aufsichtsratsvorsitzender thyssenkrupp Steel Europe AG
Tekin Nasikkol, Gesamtbetriebsratsvorsitzender thyssenkrupp Steel Europe AG
Foto: (C) thyssenkrupp