Arbeitsgericht überprüft Betriebsratswahl 2022 – vorerst hat das aber keinerlei Auswirkungen.

  • Arbeitsgericht hält BR-Wahl 2022 für unwirksam
  • Betriebsrat ist weiter im Amt
  • Es geht in die nächste Instanz, zum Landesarbeitsgericht

01.06.2023 | Nach der letztjährigen Betriebsratswahl haben drei Listen die Wahl angefochten und zahlreiche Anfechtungsgründe aufgeführt. Das Arbeitsgericht Duisburg hat entschieden, die Wahl zur Belegschaftsvertretung am Standort Hamborn/Beeckerwerth für unwirksam zu erklären. Eine längere juristische Auseinandersetzung droht.

Zunächst einmal heißt es zum jetzigen Zeitpunkt, dass der Rechtsstreit eine Instanz höher vor das Landesarbeitsgericht geht. Der aktuell gewählte Betriebsrat und seine Mitglieder bleiben weiterhin wie gewohnt im Amt, es muss derzeit keine Neuwahl her – und alle bisherigen und künftigen Entscheidungen, Beschlüsse und Vereinbarungen des Betriebsrates sind wirksam. Die IG Metall hat das Thema mit einem Fragen-und-Antworten-Stück für die Kolleginnen und Kollegen eingeordnet.

Was ist passiert?

Über ein Dutzend Beschäftigte bzw. Vertreter*innen von drei angetretenen Listen haben die Betriebsratswahl 2022 am Standort Hamborn/Beeckerwerth gerichtlich überprüfen lassen. Eine solche Kontrolle ist nur gutes demokratisches Recht. Mit ihren zahlreichen Anfechtungsgründen zogen die Beteiligten vor das zuständige Arbeitsgericht in Duisburg. Ihre Vorwürfe richten sich vornehmlich gegen den Wahlvorstand und gegen das Unternehmen, die thyssenkrupp Steel Europe AG. Die Anfechtenden monieren eine Reihe angeblicher Mängel bei der Wahl.

Was hat das Gericht entschieden?

Das Arbeitsgericht Duisburg hat die Wahl in der Tat für unwirksam erklärt, also dem Antrag der Kläger entsprochen. Das Arbeitsgericht hat die Wahl ausschließlich wegen einem Umstand für unwirksam erklärt. Dabei geht es um die Unterrichtung ausländischer Arbeitnehmer mit dem gesonderten Informationsblatt zum Wahlausschreiben. Bei der Wahl 2018 war das auch schon ein Anfechtungsgrund. Damals hat das Arbeitsgericht noch entschieden, dass die Unterrichtung vollkommen in Ordnung war.

Welche Auswirkungen hat das jetzt?

Auf die Arbeit des Betriebsrates erst einmal gar keine. Das Arbeitsgericht hat die Wahl auch nicht für nichtig erklärt, sondern lediglich für unwirksam beziehungsweise für anfechtbar. Das heißt im Klartext: Der aktuelle Betriebsrat bleibt weiterhin wie gewohnt im Amt, bis es eine rechtskräftige Entscheidung in dieser Sache gibt; bis dahin muss es keine Neuwahl geben – und alle bisherigen und künftigen Entscheidungen, Beschlüsse, Vereinbarungen etc. des Betriebsrates sind wirksam. Eure Betriebsratsmitglieder sind also weiterhin Eure Anlaufstellen für Fragen, Hinweise, Rat und Tat.

Und wie geht es nun weiter?

Es geht in die nächsthöhere Instanz. Das ist dann das Landesarbeitsgericht. Der Betriebsrat hat dazu in seiner Sitzung vom 30.05.2023 den dazugehörenden Beschluss gefasst und teilt mit: „Für uns ist es nicht überzeugend, dass das Gericht 2018 das Verfahren des Wahlvorstandes akzeptiert und 4 Jahre später diese Praxis nicht ausreichen soll. Unsere Unternehmenssprache ist deutsch und alle Unterweisungen sind ebenfalls in deutscher Sprache. Wir vertrauen darauf, dass unsere Kolleginnen und Kollegen schon wissen, wen sie wählen wollten, und sich bei etwaigen Verständnisschwierigkeiten an den Wahlvorstand gewandt hätten. Der Betriebsrat wird in die nächste Instanz gehen, um die aktuelle Entscheidung durch das Landesarbeitsgericht überprüfen zu lassen. Der vom Arbeitsgericht Duisburg einzig herangezogenen Grund für eine angebliche Anfechtbarkeit der Wahl überzeugt unserer Einschätzung nach weiterhin nicht.“

Was ist ein realistisches Szenario für den Fortgang?

Jede Antwort auf diese Frage wäre Spekulation. Aber Fakt ist: Nach dem Landesarbeitsgericht kann es möglicherweise noch eine Instanz höher gehen, nämlich vor das Bundesarbeitsgericht. Welchen Weg der vorliegende Fall nehmen dürfte, bleibt es in Ruhe abzuwarten.

Ein Wort dazu unseres BR-Vorsitzenden Tekin Nasikkol:

„Der Wahlvorstand hat die Wahl sehr professionell und vor dem Hintergrund der Pandemie mit bestem Wissen und Gewissen durchgeführt. Nun hält das Arbeitsgericht eine Praxis, die 2018 noch völlig in Ordnung war, für ausreichend, um die BR-Wahl für unwirksam zu erklären. Das ist nicht nachvollziehbar und aus diesem Grund legen wir Beschwerde beim Landesarbeitsgericht ein. Ich appelliere aber auch an die Kläger, die Wahlanfechtung vor dem Landesarbeitsgericht zurückzuziehen. Wir brauchen einen geschlossenen Betriebsrat, der die Interessen der Kolleginnen und Kollegen vertritt, gerade jetzt vor den wichtigen Zukunftsfragen.“

ByJB